Derzeit werden biobasierte Kunststoffe nur selten für spritzgegossene Lebensmittelverpackungen wie beispielsweise Salat- oder Butterschalen verwendet. Ändern soll dies ein neues Forschungsprojekt, das sich mit der Realisierung wettbewerbsfähiger Lebensmittelverpackungen aus biobasierten Kunststoffen beschäftigt. In diesem Projekt besteht die Herausforderung darin, transparente biobasierte Kunststoffe dünnwandig im Spritzgussverfahren zu verarbeiten, die dafür eigentlich zu viskos sind.
Lebensmittelhersteller haben ein reges Interesse an Verpackungen aus biobasierten Kunststoffen. Dennoch sind aus diesem Material bislang keine nennenswerten Varianten an Tomateneimerchen oder Butterschalen im Markt verfügbar. „Sobald man die Kosten für den Umstieg auf derartige Materialien durchrechnet, sinkt das Interesse an biobasierten Verpackungen drastisch“, so Gerald Schennink, Senior Polymerforscher bei Wageningen Food & Biobased Research. Der Geschäftsführer von SFA Packaging, Niels L’Abée, kann das bestätigen: „Die Nachfrage der Kunden ist begrenzt. Gleichzeitig sind aber alle der Meinung, dass es eigentlich umweltfreundlichere Verpackungen geben sollte. Bei den Verbrauchern ist dieser Trend eindeutig erkennbar.“
Gemeinsam mit Wageningen Food & Biobased Research ergriff L’Abée die Initiative, um herauszufinden, ob sich die Eigenschaften biobasierter Kunststoffe für diese Art der Anwendung verbessern lassen. Innerhalb des Top-Sektors Agri & Food wurde zu diesem Zweck ein öffentlich-privates Forschungskonsortium ins Leben gerufen, an dem sich neben SFA Packaging B.V. und Wageningen Food & Biobased Research auch Arburg B.V. und TN Plastics B.V. beteiligen.
Mittlerweile gibt es diverse biobasierte Kunststoffe, von denen sich die meisten gut zur Herstellung von Folien eignen. Schennink: „Lebensmittelverpackungsfolien sollten im Idealfall robust und steif sein. Die von Natur aus biobasierte Polymilchsäure (PLA) besitzt diese Eigenschaften. Allerdings werden komplex geformte Lebensmittelverpackungen nicht aus Folie hergestellt, und alternative Herstellungsverfahren stellen an ein Material völlig andere Anforderungen.“ Mit dem Spritzgussverfahren lässt sich diese Art der Lebensmittelverpackung produzieren. Hierbei wird geschmolzenes Plastik in eine Form gespritzt und anschließend darin abgekühlt. Kommerziell verfügbare biobasierte Plastics sind relativ zähflüssig, so dass es unmöglich ist, um jeden herkömmlichen Kunststoff durch einen biobasierten Kunststoff zu ersetzen.
Eine dickere Beschaffenheit des Verpackungsprodukts wäre die einfachste technische Lösung. Da jedoch die Materialkosten biobasierter Plastics höher als die der konventionellen Kunststoffe sind und die biobasierte Variante außerdem eine höhere Dichte pro Volumeneinheit besitzt, ist eine solche Lösung kostenmäßig besonders nachteilig.
Drei Innovationen stehen im Fokus des Projekts. Zum einen wird erforscht, ob sich das Fließverhalten biobasierter Kunststoffe durch intelligente Zusätze verbessern lässt. Darüber hinaus untersuchen die Projektpartner, ob das Herstellungsverfahren verbessert werden kann. Die Idee dabei ist, die Gussform zunächst nicht vollständig zu schließen, sondern erst dann, wenn sich der Kunststoff nach dem Einspritzen gleichmäßig in der Form verteilt hat. Diese sogenannte Kompressions-Spritzguss-Technologie gibt es bereits. Allerdings muss geprüft werden, ob sie bei biobasierten Kunststoffen zum gewünschten Effekt führt, nämlich zu Lebensmittelverpackungen mit dünneren Wänden als mit herkömmlichen Plastics, so dass weniger Kunststoff benötigt und die Verpackung kostengünstiger wird. Schennink: „An dieser Stelle sind die mechanischen Eigenschaften biobasierter Kunststoffe von Vorteil, da sie oftmals sehr steif sind.“ Eine dünne Wand ist die Voraussetzung für dieses Projekt, da nur so eine Verringerung der Materialmenge erzielt werden kann.
Die dritte Neuerung befasst sich mit der Sperrschichtwirkung einer Verpackung. Eine Keksdose hält das Produkt nicht nur sauber, sondern auch frisch, da sie nahezu keinen Wasserdampf durchlässt. „Mit PLA lässt sich dies nicht erreichen, da dieses Material eine begrenzte Feuchtigkeitsbarriere besitzt“, erklärt L’Abée, „Wir wollen aber herausfinden, ob wir einen solchen Behälter mit einer zusätzlichen Schicht versehen können, die die erforderlichen Barriereeigenschaften aufweist.“ Das scheint kompliziert, aber Lebensmittelverpackungen bestehen häufig aus mehreren Schichten. Der Aufdruck einer Verpackung wird hierbei auf einer hauchdünnen Folie angebracht, die dann zusammen mit dem Kunststoff in die Form gedrückt wird und mit diesem verschmilzt. Diese Technik, die man als In-Mould-Labeling bezeichnet, wird bereits für Marketingzwecke verwendet, da eine vorgeformte Verpackung im Nachhinein nur schwer zu bedrucken ist.
Das Endziel des Projekts ist die biobasierte Verpackung, die sich kostengünstig produzieren lässt und, im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen, beim Material und in der Herstellung pro Einheit nur etwa die Hälfte der CO2-Emission liefert. Damit hat der Verbraucher die Möglichkeit, sich für eine „grünere“ Alternative zu entscheiden. L’Abée: „Derzeit hat der Verbraucher diese Wahlmöglichkeit nicht, weil es einfach keine Alternative gibt. In Zukunft kostet ein Produkt vielleicht etwas mehr, aber dann wird der Markt ausweisen, ob der Verbraucher bereit ist, diesen Mehrpreis zugunsten der Umwelt zu bezahlen.“